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Kreativ gegen illegale Graffiti

An die Dosen – fertig, los! Seit 2012 gestalten die Stadtwerke Augsburg gemeinsam mit dem Graffiti-Verein „Die Bunten“ ihre Technikgebäude und verwandeln sie in individuelle Kunstwerke. Auf die Idee kam man, um dem illegalen Besprühen der rund 500 Häuschen und 2.500 Schaltkästen in der Stadt entgegenzuwirken und vorzubeugen. Im Rahmen von Workshops wird Graffiti-Begeisterten aller Altersgruppen vermittelt, dass Spraydosen nicht illegal eigesetzt werden dürfen, sondern Gestaltungswerkzeug für einzigartige Kreationen sind.

Sprayer-Projekt feiert 10-jähriges Jubiläum


Die 50. Graffiti-Station wurde an der Prinzstraße gestaltet

© Jürgen Fergg

 

An die Dosen – fertig, los! Seit 2012 gestalten die Stadtwerke Augsburg gemeinsam mit dem Graffiti-Verein „Die Bunten“ ihre Technikgebäude und verwandeln sie in individuelle Kunstwerke. Auf die Idee kam man, um dem illegalen Besprühen der rund 500 Häuschen und 2.500 Schaltkästen in der Stadt entgegenzuwirken und vorzubeugen. Im Rahmen von Workshops wird Graffiti-Begeisterten aller Altersgruppen vermittelt, dass Spraydosen nicht illegal eigesetzt werden dürfen, sondern Gestaltungswerkzeug für einzigartige Kreationen sind.

Wildem Sprayen kreativ begegnen

Alles begann mit der Beschwerde von Anwohnern. Die hatten sich darüber aufgeregt, dass ein Technikhäuschen der Stadtwerke Augsburg mit Graffiti beschmiert wurde. „Das ist eine Thematik, mit der wir ständig konfrontiert werden – zwar nicht massiv, aber immer wiederkehrend“, erzählt Thomas Hosemann, auf dessen Tisch erst die Beschwerde, dann das Projekt „Graffiti“ landete. Der PR-Referent der Stadtwerke Augsburg erinnert sich: „Meine erste Überlegung war: Wie kommt es überhaupt dazu? Wer sind da die Verursacher?“ Schließlich lag der aufgedeckte Sachschaden durch die Schmierereien auf den Grasdruckregel- und Stromstationen bei circa 20.000 Euro. Pro Jahr, wohlgemerkt. Die Dunkelziffer ist höher. Im Stadtgebiet gibt es 500 solcher Häuschen, die potenziell von Schmierereien betroffen sind. Thomas Hosemann recherchierte und fand heraus: 2009 gab es mal Auftragsarbeiten an ein paar Häuschen der Stadtwerke im Rahmen eines Jugendfestivals. Der positive Effekt dabei war: Diese Häuschen werden in Ruhe gelassen und nicht übersprüht oder wie es in der Szene heißt „gecrosst“. „Diese Erkenntnis war die Basis für das Projekt“, sagt Hosemann. Er machte sich auf die Suche nach möglichen Ansprech- und Kooperationspartnern und stieß auf die Arbeitsgruppe „Graffiti“ bei der Polizei Augsburg. Mit der tauschte er sich aus und startete schließlich 2013 in Zusammenarbeit mit dem Graffiti-Verein „Die Bunten“ das „Graffiti-Projekt“. Seitdem begegnen die Stadtwerke Augsburg wildem und illegalem Sprayen kreativ und vorbeugend mit Graffiti-Workshops und Auftragsarbeiten für Sprayer. Dabei dürfen die Technikgebäude mit Erlaubnis bemalt werden.

Auf dem Technikhäuschen am Kappeneck ist ein Marktstand mit regionalen Produkten zu sehen

© swa/Thomas Hosemann

Malen nach Zahlen

Die Profis aus dem Verein „Die Bunten“ gestalten die Häuschen gemeinsam mit verschiedenen Gruppen aus maximal zehn Teilnehmern. Ein Workshop besteht in der Regel aus zwei Teilen. Beim ersten Treffen suchen sich „die Bunten“ zusammen mit den Teilnehmern ein bestimmtes Gebäude aus und sammeln Ideen für ein mögliches Motiv. Aus allen Ideen wird dann eine Skizze herausgearbeitet. Ausgewählt werden bevorzugt Stationen, die immer wieder Ziel von illegalen Sprühereien werden. „Für die Gestaltung lassen wir den Teilnehmern weitgehend freie Hand“, so Hosemann. Der Wunsch sei jedoch, dass die Motive im weitesten Sinn etwas mit den Stadtwerken Augsburg bzw. den Themen Energie, Wasser oder Mobilität zu tun haben und in die Umgebung passen. Beim ersten Treffen sensibilisieren die Workshopleiter außerdem für die Folgen von illegalem Sprühen und erklären den Teilnehmern, welche legalen Alternativen es in Augsburg gibt. Thomas Hosemann ist es wichtig, dass die Botschaft ohne erhobenen Zeigefinger, sondern möglichst partnerschaftlich und auf Augenhöhe vermittelt wird. Besonders authentisch kommt es rüber, wenn die Sprayer persönlich berichten, welche Strafen sie selbst früher bekommen haben. Etwa, wenn ein Workshopleiter erzählt: „Lasst das mal lieber mit dem illegalen Sprühen, denn 30.000 Euro Schulden zu haben, ist jetzt echt nicht so toll.“ Beim zweiten Treffen geht es dann ran an die Sprühdose und die vorbereitete Skizze wird auf dem Häuschen umgesetzt. Dazu brauchen die Teilnehmer keinerlei Vorkenntnisse. „Das Ganze kann man sich ein wenig wie bei ‚Malen nach Zahlen‘ vorstellen“, erklärt Hosemann. „Die Bunten sprühen zunächst die Umrisse vor. Anschließend malen die Teilnehmer diese Umrisse aus – und lernen dabei einige nützliche Tricks und Kniffe von den Profis.“ Den letzten Schliff – das sogenannte ,Finishing‘ – übernehmen dann wieder die Fachleute.

 

 
Schülerinnen und Schüler der Brunnenschule gestalteten das Technikgebäude in der Frischstraße mit einem Motiv von „Jim Knopf“ „Verbindung“ lautete das Motto für das Kunstprojekt in Kooperation mit dem Grandhotel Cosmopolis
 
Das Jubiläumshäuschen an der Prinzstraße ziert eine Trafostation, gestaltet mit Motiven rund um das Textilviertel Die schön bemalten Technikhäuschen werden in der Regel nicht mehr von anderen übersprüht
Quelle bei allen Fotos: © swa/Thomas Hosemann

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