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Mehr Verfahren wegen Menschenhandel

Die deutsche Polizei hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Ermittlungsverfahren im Bereich Menschenhandel geführt als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus dem aktuellen Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung hervor, das jährlich vom Bundeskriminalamt (BKA) herausgegeben wird. Verstärkt wurde die Entwicklung in der aktuellen Pandemie, durch die mit der Krise verbundenen Notlagen sowie die Zunahme von häuslicher Gewalt. Maßgeblich beteiligt am Kampf gegen den Menschenhandel ist der deutsche Zoll. Wie die Beamten effektiver gegen die Organisierte Kriminalität im Bereich Menschenhandel vorgehen könnten, erklärt Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll der Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Zoll muss agieren statt prüfen

Bei Überprüfungen der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) des Zolls gelangen die Opfer häufig das erste Mal aus dem Dunkelfeld ins Hellfeld. „Bei der Kontrolle werden die Opfer von Menschenhandel jedoch erst einmal als Täter wahrgenommen – nämlich, weil sie illegal beschäftigt sind“, weiß der Experte. Über die Opfer könnten dann aber auch Verbindungen zu den eigentlichen Tätern hergestellt werden. Der Zoll ist bei seiner Arbeit im Rahmen der Bekämpfung illegaler Beschäftigung also unmittelbar mit den Folgen von Menschenhandel konfrontiert und verfügt über ein enormes Informationspotenzial. Um dieses Potenzial aber richtig nutzen zu können, müsse er besser aufgestellt werden, erklärt Buckenhofer: „Im Kampf gegen diese Kriminalität, die nicht selten weit in die Organisierte Kriminalität hineinreicht, benötigen wir keinen Prüfdienst. Der dafür zuständige Zoll muss hier endlich als schlagkräftige Polizei auf dem Arbeitsmarkt agieren.“ Dazu habe die GdP der Politik bereits zur Jahrtausendwende ein klares Konzept auf den Tisch gelegt. Ziel sei es, die vielfältigen, bedeutenden und unverzichtbaren Polizeiaufgaben des Zolls in einer schlagkräftigen Finanzpolizei zu bündeln, vergleichbar mit der Guardia di Finanza in Italien. Ein entsprechendes Organisations- und Personalkonzept sowie ein Gesetzentwurf der GdP liegen vor.

Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll der GdP

© GdP

Kräfte gezielt bündeln

Damit man diese Delikte beim Zoll wirksamer bekämpfen kann, fordert die GdP, dass die Vollzugsdienste des Zolls gebündelt werden und man dort eine gemeinsame Infrastruktur nutzt. „Der Zoll dümpelt immer noch als reine Finanzverwaltung daher und seine motivierten Kontroll-, Fahndungs- und Ermittlungskräfte warten seit Jahren im polizeilichen Kampf gegen die Organisierte Kriminalität auf moderne Technik, bessere Einsatzmittel, taugliche Strukturen, klare Melde- und Befehlswege, mehr und bessere Datenzugänge und eine geeignete IT“, so Buckenhofer. Die neue Bundesregierung müsse das Thema endlich anpacken. „Es gilt, die Umstände zum Besseren zu verändern und sie nicht bloß anhand von Zahlen interpretieren zu wollen. Die Kolleginnen und Kollegen hätten es angesichts ihres engagierten Einsatzes gegen die Kriminellen verdient – vor allem aber die Ausgebeuteten moderner Sklavenmärkte.“

KF (Stand 29.10.2021)

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